Reise 5: Nordlicht, Teil 1

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Freitag, 26.04. bis Montag, 03.06.2013

Bregenz - Nürnberg - Dresden - Sächsische Schweiz - Breslau - Krakau - Warschau - Posen - Frankfurt/Oder - Mecklenburger Seenplatte - Wismar - Lübeck - Hamburg

 

Samstag, 20.04.:  Die Vorbereitungen sind - trotz ab und zu Gegenwind - weit gediehen. Viel kann nicht mehr schief gehen. Ich freue mich. Auch wenn die Wetterprognosen im Moment widersprüchlich sind. Der Anfang der Reise dürfte kühl werden. Da sind sich alle einig. Die einen sind aber für schön Wetter, während die anderen Wolken und tendenziell Regen voraussagen. Ich halte mich mal an die ersteren.

Donnerstag, 25.04.:  Es geht los. Heute, am Vorabend, zuerst zu Gaby. Am letzten Abend vor der grossen Reise gehen wir miteinander zu Franz Wiget nach Steinen fein essen. Wir geniessen diesen “Sommerabend” (25 Grad) so richtig. Denn ab morgen werden wir uns gegenseitig vermutlich etwas fehlen. In den nächsten 5 Monaten sehen wir uns nur jeweils im Abstand von ca. 1 1/2 Monaten .

Freitag, 26.04.:  Nach dem gemeinsamen Frühstück wird definitiv gepackt. Mit den besten Wünschen auf den Weg fahre ich los gen Norden. Das Rheintal präsentiert sich schon richtig im Frühlingskleid (Bäume grün und Kirschbäume blühend), weiter nördlich ist es dann wieder so wie im Eichberg (alles DSC00819Burgunderst zögerlich und andeutungsweise grün). Meinen ersten Halt mache ich an der Raststätte Illertal. Wie kann es anders sein: einer Hundertwasser-Raststätte. Danach beginnt ein Stop-and-go. Mehrere Unfälle auf der Strecke verursachen Stau. Aber kaum sind die Unfallstellen durchfahren, gehts flüssig weiter. So komme ich im grossen Ganzen zügig voran. In Nürnberg, wo ich eigentlich übernachten wollte, entscheide ich mich, noch Richtung Hof weiterzufahren und im Schloss-Camping Issigau zu nächtigen, damit ich es morgen nicht mehr so weit nach Dresden habe. Der Platz stellt sich als gut gewählt heraus: klein, familiär, romantisch. Mit einem Restaurant, wo ich mich zum Nachtessen verwöhnen lasse.

Samstag, 27.04.:  Gestern hatten die einen Wetterfrösche recht. Es gab zwar eine dünne Wolkendecke, aber die Sonne schien durch und die Temperatur lag über 20 Grad. Heute die andern. In der Nacht kam Regen auf und es herrschen kühle 10-15 Grad. In Pullover und Regenjacke räume ich so gut es geht die nassen Sachen auf und fahre ohne Frühstück los. Bis Dresden sind es nicht einmal mehr ganz 200 km. Die neuen Michelin-Reifen erweisen sich als gute Regenreifen. Sie sind auch geräuscharmer als die vorhergehende Bereifung. Leider aber nicht ganz so spurtreu. Fahren strengt so etwas mehr an. Auf halber Strecke belohne ich mich mit einem Mini-Frühstück: Cappuccino mit Croissant. In der Autobahnraststätte wird freies W-Lan angeboten, also schnell Computer her und aufs Internet: E-Mails herunterladen und Reisebericht hochladen. Schon beim Anrworten auf Gabys E-Mail merke ich, runterladen ist drin, hochladen aber gesperrt!! Mist. Naja, weiter zum Campingplatz Dresden-Mockritz. Vielleicht gehts ja da? Am Mittag bin ich da. Die Rezeption hat aber nur von 8-10 Uhr geöffnet. Den Camper stellt man einfach hin und meldet sich am nächsten Tag an. Nur - was ist mit den Zugangsdaten fürs Internet? Vorläufig ohne Infos fahre ich mit dem Bus, der direkt vor dem Camping hält, zum Hauptbahnhof und lasse mich bei der Tourist Information mit Prospekten eindecken. Die ich zurück im Campingplatz detailliert studiere, um mir für die nächsten Tage meine Pläne zu machen. Ab 16 Uhr ist wenigstens das Restaurant offen. Und siehe da: da ist auch ein Mini-Market, um sich mit dem Notwendigsten einzudecken - und zudem kann man Zugangsdaten zum Public Spot kaufen. Spitze! Beides wird sofort genutzt. So gibts Znacht mit Internet im Camper...

Sonntag, 28.04.:  Gestern Abend hab ich meinen neuen Fernseher ausprobiert. Tip-top. Nur hatte ich leider nicht lang Freude daran. Plötzlich kam ein Hagelsturm auf. Schnell fuhr ich da die Antenne wieder ein. Wollte sie ja nicht gleich zerschlagen haben. Nachts war es saukalt - maximal um die 5 Grad. Musste die Wolldecke herausnehmen. Auch am Morgen ist noch heizen angesagt. Schön, dass die Duschen hier richtig viel und heisses Wasser spenden. Mit den ÖV fahre ich zum Theaterplatz, wo die Hop-on-hop-off Stadtrundfahrten starten. Ich buche die grosse Stadtrundfahrt, und weil es im Bus so schön warm ist, bleibe DSC00825Burgundich die ganzen 1 1/2 Stunden durchgehend sitzen. Ich kann ja morgen und übermorgen einzelne Stationen genauer ansehen. Danach gibts mal im Italienischen Dörfchen - einem Restaurant mit Terrasse auf die Elbe - einen Brunch. Anschliessend mache ich eine Fusswanderung durch die Altstadt und sehe mir vor allem die Semperoper, den Zwinger, die Kathedrale, den Fürstenzug, den Stallhof, das Johanneum, die Frauenkirche und das Landhaus von aussen an. Hineinzugehen macht mich nicht an. Es ist Sonntag und hat viel zu viele Leute. Auch hier kann ich ja in den nächsten 2-3 Tagen noch länger verweilen. Beim Schlendern machen meine neuen Schuhe Spass. Sie fühlen sich wie Pantoffeln an. Leichten Fusses geht es zurück zum Campingplatz. Und dort zum Nachtessen ins Restaurant Mockritzer Pfanne, weil einkaufen heute leider nicht möglich ist. Dieses stellt sich allerdings nicht gerade als Gourmet-Tempel heraus. Also doch lieber Selbstverpflegung aus den Beständen und TV. Beim Rückzug zum Camper oh Freude: erste schüchterne Sonnenstrahlen.

Montag, 29.04.:  Heute morgen nieselt es wieder. Allerdings bei etwas höheren Temperaturen. Das mit der Sonne war ein Fake. Nach ein paar Kaffees und etwas Kuchenresten ziehe ich mich warm an und fahre wieder zum Theaterplatz. Als Zusatz zur gestrigen Stadtrundfahrt buche ich eine Führung durch die Frauenkirche, was mir gratis die Option einer zweiten Stadtrundfahrt ermöglicht. Da die Führung erst um 16 Uhr stattfindet nutze ich die Gelegenheit, um mit dem Bus an der ehemaligen Zigarettenfabrik Yenidze (die eher an eine Moschee erinnert) vorbei bis zu den 3 Elbschlössern zu fahren. Von da aus gehDSC00843Burgundts zu Fuss weiter. Zuerst durch die Elbschlösser (Perlen der Schlossarchitektur des 19. Jhdts), dann zur Bierbrauerei Waldschlösschen - wo es Ente und hauseigenes Bier zum Mittagessen gibt -, über Pfunds Molkerei (deren ganzes DSC00850BurgundInnenleben von den Böden über die Wände bis zu den Decken durch Villeroy & Boch mit Porzellan-Fliesen und Porzellan-Elementen gestaltet wurde), durch die Neustädter Hauptstrasse mit ihren Barock- und Romantik-Häusern am goldenen Reiter-Standbild von August dem Starken vorbei wieder zum Theaterplatz. Da ich zur Führung etwas zu früh bin, schlendere ich noch kurz über die Brühlschen Terrassen und durch die Altstadt-Galerie, einem Einkaufscenter mitten in der Stadt. Dann ists soweit: dank der Führung dürfen wir in der Frauenkirche auf die Emporen, wo der normale Besucher nicht hinkommt. So kommen wir nebst der interessanten Kirchen-Geschichte auch noch in den Genuss eines wunderschönen Überblicks. Heute bleibt noch Zeit für ein paar Einkäufe, bevor es zurück zum Campingplatz geht. Leider kommt bisher die Kultur etwas zu kurz: keine Oper die mich reizt, die Comödie Dresden hat zu und Konzert gibts auch kein interessantes. Naja, wär sowieso schwierig, nachts zum Camping zurück zu kommen. Der Bus fährt nur bis 20.30 Uhr.

Dienstag, 30.04.:  Das Nieseln ist in Dauerregen übergegangen. Dazu bläst eine steife Brise. Nicht so schlimm, heute ist kulturelles Innenprogramm angesagt. Zuerst die Gemäldegalerie der alten Meister im Zwinger, dann die Galerie der neuen Meister im Albertinum und zuletzt die spezielle Stadtrundfahrt zum Schloss Pillnitz. Die versammelte Prominenz der europäischen Malerei des 15. bis 18. Jhdts. bei den alten Meistern ist zwar beeindruckend. Aber ich persönlich kann mit den für meinen Geschmack häufig thCASVD36Bdüsteren Schinken nicht so viel anfangen. Primär zeigen sie Prominenz oder religiöse Motive. Meist überstilisiert bis künstlich. Wenig Landschaften, wenig reales Leben, wenig Lebendigkeit überhaupt. Eine Ausnahme bildet die Sixtinische Madonna von Raffael, die eher hell gehalten, nicht überladen und von den Menschen her sehr realistisch dargestellt ist. Ich bin gespannt auf die neuen Meister. Das Albertinum zeigt Kunst vom frühen 19. Jhdt. bis heute. Schwerpunkte sind deutsche Künstler aus Ost und West aus der Romantik, des Impressionismus und der Neuen Sachlichkeit - sowie speziell der Dresdner Expressionistengruppe “DIe Brücke”. Spannend. Vor allem auch die Kunst aus der DDR-Zeit. Erst auf der Fahrt nach Pillnitz erfahre imagesCAIJAQXBich, dass das Schloss-Museum zur Zeit zu hat und nicht besichtDSC00859Nordlichtigt werden kann. Nur der Schlosspark steht offen. Nicht gerade ideal bei diesem nasskalten Wetter. Trotzdem: die Anlage mit ihren Gärten, Pavillons und Teichen - sowie der gerade blühenden 250-jährigen japanischen Kamelie - lohnt einen Augen-Blick. Dann aber schnell ins Schloss-Restaurant. Aufwärmen ist angesagt. Und etwas Kleines essen, denn langsam knurrt der Magen. Eine Portion Spreewälder Stangenspargel mit Sauce Hollandaise, mmhh. Spät erst bin ich wieder zurück im Campingplatz. Etwas durchfroren und müde. Schnell gehts noch unter die heisse Dusche und dann direkt ins Bett.

Mittwoch, 01.05.:  Eigentlich wollte ich heute an die Dampferparade zum 1. Mai in Dresden. Aber nach 002Auskunft der Campingplatz-Leitung ist das kein wirklich grosses Volksfest. Also entscheide ich mich, in die Umgebung Dresdens loszufahren. Zuerst gehts nach Pirna, dem “Tor zur Sächsischen Schweiz”. Berühmt für seinen 007historischen Marktplatz (noch fast so wie im 250 Jahre alten Bild von Canaletto) und seine schönen Kaufmanns-Häuser, wie z.B. das Engelserkerhaus. Nächstes Ziel ist die Festung Königsstein. Eine Riesen-Anlage auf dem “Stein der Könige”, einem Tafelberg. Die bis ins 19. Jhdt. nie eingenommene Landesfestung der sächsischen Herrscher aus dem Geschlecht der Wettiner. Früh schon erreiche ich den Camping “Sächsische Schweiz” in Gohrisch, wo ich es mir gemütlich mache und als erstes mal die Sauna buche. Nach der Sauna bin ich zwar etwas schlapp. aber schön durchwärmt. Fürs Internet reicht die Energie gerade noch. Was nun: Falkensteinblick oder eigene Küche? Hier bist du fast blöd, wenn du selber kochst. Im Restaurant kostet nur das Trinken mehr, als wenn man selber einkauft. Also Falkensteinblick. Röstbrätl (Steak vom Schweinsnacken in viel Zwiebel) mit Bratkartoffeln und Beilagensalat. Euro 9.90. Plus ein grosses Pils für Euro 2.50. Wahnsinn. Und die Portion ist erst noch zu gross für mich. Den Espresso trinke ich lieber im Camper. Dazu ein Cigarillo. Und ab in die Heia.

Donnerstag, 02.05.:  Zur Erinnerung, dass es sie noch gibt, drückt die Sonne durch den Hochnebel. Aber es bleibt weiterhin kühl und trübsichtig. Heute ist der erste Fahrrad-Tag angesagt. Nach dem Frühstück geht es steil hinunter nach Bad Schandau, dem selbsternannten Herzen der Sächsischen DSC00870Schweiz. Und dort dem Elbfahrweg entlang bis zum historischen Personenaufzug aus der Eifelturm-Zeit, der auf die Ostrauer Scheibe führt. Von wo aus man einen schönen Überblick über das Elbtal hat. Dank eines kurzen Sonneneinbruchs geniesse ich den Ausblick bei einem guten Milchkaffee und Cigarillo. Danach fahre ich zurück in den Kurpark von Bad Schandau, wo die Kirnitzschtalbahn ihren Ausgangs-Bahnhof hat. Diese Trambahn wurde 1870 gegründet und fährt heute noch mit Fahrzeugen Baujahre 1926 bis 1960. Ich steige mit dem Fahrrad ein und fahre mit zur Endstation Lichtenhainer Wasserfall. Wo ein für die Touristen angelegter künstlicher Wasserfall aus einem Staubecken wartet. Hier wäre ein optimaler Ausgangspunkt für viele Wanderungen im Elbsandsteingebirge und in die Böhmische Schweiz (an die Sächsische Schweiz angrenzender tschechischer Teil). Ich fahre aber auf dem Fahrrad zurück nach Bad Schandau. Im Forsthaus esse ich noch eine feine Wildschweinkeule. Nach einem Einkauf für die nächsten 1-2 Tage lasse ich mich vom Taxi-Dienst des Campingplatzes abholen. Hoch wären die 14 Prozent Steigung denn doch etwas viel. Auch mit E-Bike. Gegessen wird heute etwas Kleines im Camper. Danach Körperpflege, Duschen, Schlafen. Morgen geht es schon wieder weiter.

Freitag, 03.05.:  Früh wach, früh auf. Da habe ich die Duschen noch ganz für mich. Anschliessend aufräumen, entsorgen und bezahlen. So bin ich schon vor 9 Uhr unterwegs. Am Lilienstein, einem 80m hohen Tafelberg in einem Elbknie sind schon erstaunlich viele Leute unterwegs. Alle im Wandertenue. DSC00883Da man bei den herrschenden Verhältnissen von der schönen Aussicht sowieso nichts hat, verzichte ich auf den Aufstieg und Rundgang - immerhin etwa 2 Stunden. Dafür fahre ich zur nahen und wohl berühmtesten Aussichtsplattform der Sächsischen Schweiz, der Bastei. Auch hier schon Massen. Davon allerdings viele Ausländer - vor allem Japaner -, die per Bus angereist sind. Hier nehmeDSC00891 ich mir die Zeit, die spannenden Felsgruppierungen wie “Mönch”, “Höllenhund” und “Lokomotive” sowie die Felsenburg Neurathen zu studieren und über die Basteibrücke zu gehen. Zurück geht es über das Städtchen Hohnstein mit seinen schönen alten Fachwerkhäusern und seiner Burg mit dem sinnigen Namen “Jugendburg”. Sinnig deshalb, weil die Burg aus dem 12. Jhdt. nach einer äusserst wechselhaften Geschichte heute als Jugendherberge dient. Nach einem Mittagessen in der Dorfschenke ist es Zeit, Richtung Polen aufzubrechen. Dem Navi gebe ich Jelenia Gora ein und lasse mich zielsicher in die Region Breslau führen. Je weiter ich nach Osten komme, desto mehr regnet und desto kälter wird es. Ist dies jetzt noch das Ende des letzten oder bereits der Anfang des neuen Winters? In Jelenia Gora muss ich erst mal Zlotys wechseln und dann unbedingt mich aufwärmen. Obschon hier in Polen Festtag ist, hat glücklicherweise ein Schokoladen-Café offen. Hier gibt es eine heisse Schokolade mit Schlag, halb flüssige Schokolade, halb Schlagrahm. Dazu noch 2 Truffes aus der hauseigenen Konditorei: Feigenkaktus und Himbeergeist. Wow, was für ein Trost fürs miese Wetter. Zum Campingplatz Sloneczna Polana muss ich mich durchfragen und stelle fest, dass die Polen, auch wenn sie häufig keine Fremdsprache können, sehr hilfsbereit sind. Dazu passt auch, dass eine junge Frau einem herabgekommenen Penner den Rest ihrer angerauchten Zigarette anbietet, ohne dass dieser nach etwas gefragt hätte. Und dieser nimmt sie dankbar an. Im Campingplatz niste ich mich ein, brate mir noch ein deutsches Rumpsteak mit Tomatensalat und lege mich schlafen.

Samstag, 04.05.:  Um 7 Uhr werde ich geweckt. Man glaubt es kaum - von der Sonne! Hui geht da plötzlich alles schnell. Duschen, Kaffee und Cigarillo, zahlen, einräumen, weg. Die Richtung ist Breslau, erstes Ziel Schweidnitz. An der Burg von Bolkow fahre ich vorbei. Heute will ich nichts von Burgen wissenDSC00897. Schweidnitz ist aber leider eine leise Enttäuschung. In die grösste erhaltene Friedenskirche kann man kurz durch den Eingang einen Blick hineinwerfen. Was nur einen minimalen Eindruck der prächtigen Ausschmückung mit Gold und Malereien im Innern gibt. Der Bau von 3 Friedenskirchen wurde beim Westfälischen Frieden vom Habsburger Kaiser den protestantischen Untertanen in Schlesien entsprechend der vereinbarten Religionsfreiheit zugestanden. Sie mussten aber ausschliesslich aus Holz, Sand, Lehm und Stroh errichtet sein, durften keine Türme und Glocken haben und mussten innerhalb eines Jahres fertiggestellt werden. Vom Inneren redete niemand. Daher das über die Zeit entstandene beeindruckende Innere. Als kleiner Ersatz findet rund um das Rathaus ein Flohmarkt statt. Ich setze mich in ein Kaffee und schaue dem bunten Treiben zu. In Breslau suche ich verzweifelt in der Nähe des berühmten Marktplatzes einen Parkplatz für mein DSC00902grosses Gefährt. Keine Chance. Im Gegenteil, ohne ein paar Kunststücke komme ich fast nicht mehr aus den engen Gassen heraus. Ich versuche mein Glück auf der anderen Seite der Oder. Und was erspäht mein Adlerauge: einen zwar dreckigen, aber genau passenden Platz zwischen Strasse und Tram. Eine Busse nehme ich in Kauf. Ich schlendere das kurze Stück zum  Marktplatz und lasse mich hier von der Menge treiben. In der Zwischenzeit hat die Sonne die Temperatur auf über 20 Grad erwärmt. So macht doch das Leben viel mehr Spass. In einem Restaurant am Marktplatz esse ich ein Beefsteak Tatar und stelle fest: die Polen haben eine bessere Küche als die Deutschen. Zwar auch deftig, aber feiner und raffinierter. Plenus venter non studet libenter - dennoch muss ich entscheiden “Was nun?” In Schlesien gibt es nicht mehr viel Überraschendes zu entdecken. Mich lockt eher die Vielfalt des Südens. So nehme ich noch die 250km unter die Räder und lande um 18.30 Uhr im Camping Smok am Rande von Krakau. Auf einem Hügel über der Weichsel. Und siehe da: nebst allem anderen gibt es hier auch wieder W-Lan und Internet.

Sonntag, 05.05.:  Krakau ist eine Perle! Schon wenn man auf dem Wawel steht, begreift man, wieso die Leute den Zauber dieser Stadt bewundern. Hier befindet sich der Krönungsort und die Grablege der polnischen Könige. Dieser herrliche monumentale Gebäudekomplex auf einem Hügel ist ohne Zweifel der wichtigste historische Ort in Polen. Und spätestens wenn man vom Wawel auf den Hauptmarkt geht - an unzähligen historischen Gebäuden vorbei (Krakau wurde im Krieg nicht zerstört und besitzt über 5500 denkmalgeschützte Stätten) - und das bunte Treiben auf dem 200 x 200 Meter grossen Platz erlebt, weiss man: das ist eine Stadt von Welt. Man erkennt dies auch an der Kleidung der Leute, sowie an der Allgegenwart von Wissenschaft, Kultur, stimmungsvollen Restaurants und Cafés, schönen Parkanlagen und an einem Gefühl von jahrhundertealter Kontinuität. Ähnlich wie in Wien, Prag oder Paris. Und man spürt es an den Preisen, die etwa doppelt so hoch wie in Breslau liegen. Ich bin früh mit dem Fahrrad vom Camping losgefahren, um mir mal einen Überblick über die Sehenswürdigkeiten zu verschaffen. Wie ich los bin, hatte es noch Nebel. Jetzt ist es sonnig und heiss. Ich bin zu warm angezogen. Und zudem habe ich den Fotoapparat vergessen. Kurzerhand entscheide ich mich nach meiner Rundfahrt, zurück zum Camping zu fahren und morgen wieder zu kommen. Nach einem späten Zmittag retabliere ich: waschen und putzen ist angesagt. Gestern habe ich zudem feststellen müssen, dass Polen in Sachen Hightech noch ein Entwicklungsland ist: alles technische ist teuer, funktioniert aber nur bedingt. So kann ich z.B. trotz hoher Gebühren auf dem Internet weder skypen noch Mails versenden. Aber hochladen der Homepage geht. Verstehe das doch wer will. Ich versuchs einfach weiter. Und siehe da, am Abend klappt es. Zumindest Skype. Ohne weitere Probleme kann ich mit Hansueli und Jutta sowie mit Britta ein Video-Gespräch führen.

Montag, 06.05.:  Heute ist das Wetter von früh an schön. Nur weht ein ziemlich starker Wind. Zuerst geht es 031zum Wawel, wo ich nochmals die Anlage und detailliert die K032önigs-Kathedrale mit Glockenturm (super Aussicht auf Krakau) und Sigismund-Glocke (13 Tonnen schwer, läutet nur bei besonderen Anlässen), sowie die königlichen Grab-Denkmäler in ihren Krypten (wo übrigens auch Papst Johannes Paul II. begraben ist) bewundere. Dann fahre ich mit dem Bike den Königsweg ab. An der prächtigen barocken St. Peter-und-Paul-Kirche mit den 12 Aposteln über dem Tor mit nebenan der kargen romanischen St. Andreas Kirche (interessanter Kontrast) vorbei zum Hauptmarkt mit den Tuchhallen in der Mitte. Kurz vor dem Markt fahre ich am Café Zakatek vorbei, was mich an eine Szene von gestern erinnert. Das alte Schild an der Strasse hat mich gereizt, durch den dunklen, langen und schmalen Häuserschlauch auf diesen Hinterhof zu gehen. Wo mich ein Ensemble mit schnuckeligem Café, einer Fahrrad-Vermietung, einem Tattoo-Studio und einem Comics-Antiquariat erwarteten. Neben der Tür zum Café waren zwei junge Mädchen - die eine stand, die andere sass. Die Sitzende forderte mich sofort auf, mich zu ihr zu setzen, und schien etwas konsterniert, als ich einfach einen Espresso bestellte. Bei mir musste erst der Groschen fallen: 040ganz offensichtlich werden da nicht nur Getränke und Essen verkauft. Naja.. Heute  interessiere ich mich besonders für die Tuchhallen, die leider jetzt einfach ein Markt für touristischen Krimskrams geworden sind. Aber das Gebäude aus dem 16. Jhdt. mit den fantastischen Fratzen auf dem hohen 041Giebeldach bleibt in sich spannend. Danach setze ich mich an die Sonne in ein Café: zu Kaffee und Cigarillo natürlich. Wie ein Ring gibt es um die Altstadt eine Parkanlage. Diese fahre ich ab - an diversen Kirchen, Museen, Herrschaftshäusern und dem Wasserschloss vorbei - und geniesse das Frühlingsgrün, das endlich voll spriesst. Kazimierz - das Judenviertel - ist nicht schwer zu finden. Einfach 043nur der Nase nach. Der Geruch nach orientalischen Gewürzen und viel Knoblauch weist den Weg. Ansonsten hat das Viertel selber ausser dem Judenfriedhof nichts Auffälliges zu bieten. Wie ich der Weichsel entlang zurückfahre, entdecke ich ein Schiffsrestaurant und merke plötzlich, dass ich noch gar nichts gegessen habe. Also nichts wie sofort aufs Oberdeck. Essen und Trinken ist da zwar günstig. aber kaum eine Erleuchtung. Trotzdem: ich fahre geruhsam und satt zurück zum Campingplatz. Zum Znacht wirds wohl nicht mehr viel geben. Am Abend langes skypen mit Gaby.

Dienstag, 07.05.:  Heute wirds heiss. Schon die Nacht war warm - und der Morgen entsprechend auch. Ich fahre DSC00937los Richtung Warschau. Aber nicht der Autobahn, sondern der Wisla nach. Allerdings sehe ich von der Weichsel auf meiner Fahrt nicht viel. Das Navi bringt wieder mal eine seiner Höchstleistungen. Sicher der absolut nächste Weg nach Sandomierz, meinem Zwischenziel. Aber sicher auch der holprigste. Auf kleinsten Nebenstrassen werde ich so richtig durchgeschüttelt. Trotzdem geniesse ich die weitläufige Landschaft, die mich an die Hochrhein-Ebene bei Basel erinnDSC00945ert. Alles steht in Blüte - auch der Flieder und die Kastanie. Und es wird heiss und heisser. Wie ich um 15 Uhr den Kamping Browarny erreiche, dürften es gegen 30 Grad sein. Sandomierz ist ein Renaissance-Städtchen wie aus dem Bilderbuch. Und Bischofssitz. Ich schlendere durch die Altstadt und geniesse den Marktplatz, das Rathaus, die Kathedrale, den Komplex des Bischofs, diDSC00943e Heiliggeistkirche, die Opatowska - eine Einkaufsstrasse, das Opatower Stadttor und das Nadelöhr - ein erhaltener Teil der ehemaligen Stadtmauer. Durch diese von den Dominikanern bewachte Mini-Pforte kamen die Einwohner in die Stadt zurück, wenn die 4 Stadttore schon geschlossen waren. In der Zwischenzeit ziehen dicke Wolken auf und ein zügiger Wind bläst. Es wird wohl ein Gewitter geben. Ich mache, dass ich zum Camping zurück koDSC00948mme. Die unterirdische Touristen-Route kann schliesslich auch bis morgen warten.

Mittwoch, 08.05.:  Strahlend blauer Himmel und heiss. Alles Schlechtwetter hat sich verzogen. Die Tore zur Unterwelt von Sandomierz öffnen sich erst um 11 Uhr. Also bleibt noch Zeit, um das Schloss aus dem 14. Jhdt., die St. Jakobkirche mit dem Dominikanerkloster (der älteste DSC00953Gebäudekomplex von Sandomierz, aus der Spätromanik) und kurz die St. Michaels-Kirche anzusehen. Heute werde ich von vielen Leuten angesprochen: zuerst der Campingplatz-Besitzer, der mir ein Bier bringt, sehr gut englisch spricht, sein ganzes Leben erzählt und sein Motorrad für Touren in die Umgebung anbietet; dann ein Strassenarbeiter, der 6 Jahre in Rom gearbeitet hat und sich freut, sein italienisch an den Mann zu bringen; dann 2 ältere Herren, die mich per Handschlag begrüssen und mir erklären, was alles ich unbedingt noch ansehen müsse (auch wenn ich nur die Hälfte verstehe, weil sie nur polnisch sprechen) DSC00958und zum Schluss noch ein Penner, der Geld will und ein einziges Wort deutsch kann: Schnaps! Ich gebe ihm einen Cigarillo und er marschiert zufrieden ab. Um 11 tauche ich dann ein in die Unterwelt. Die Führung gibts nur auf polnisch. Fremde Touristen sind sie sich hier offensichtlich nicht gewohnt. Was ich begDSC00952reife ist, dass es eine Sage um diese Kellerräume gibt, die auf den Einbruch der Tataren zurückgeht und von Verfolgung und Mord handelt. Diese Sage aber eher Erfindung ist, weil die Verbindung der Keller untereinander erst in den 60er und 70er Jahren des 20. Jhdts. gebaut wurden, als man mit dem Bau von Abwasserleitungen auch gleich die Fundamente der Altstadt-Häuser sicherte. Früher waren diese bis zu 3-stöckigen Kellergeschosse einfach Aufbewahrungsort für kühl zu haltende Handelsgüter wie Wein, Käse, gepökeltes Fleisch usw. Und sicher dienten sie in Kriegszeiten der Bevölkerung als Schutzräume. In der Oberwelt ist es in der Zwischenzeit wieder fast 30 Grad geworden. Bei dieser Hitze will ich nicht noch 4-5 Stunden fahren und entscheide mich, erst morgen früh nach Warschau aufzubrechen. Ich muss sowieso mal meine Büroangelegenheiten aufarbeiten.

Auffahrts-Donnerstag, 09.05.:  In Polen wird Auffahrt offensichtlich nicht gross gefeiert. Ausser dass alle Marien-Statuen mit bunten Bändern geschmückt sind geht das Leben seinen normalen Gang. Ich DSC00967packe gemütlich zusammen und mache mich auf den Weg. Der empfohlenen “grünen Route” entlang. Soo grün empfinde ich diese Route allerdings nicht: es gibt schon schöne Stellen - z.B. wo ganze Obstplantagen in Blüte stehen oder wo ich die erste Akazie blühen sehe. Aber nur um eine Akazie blühen zu sehen, müsste ich eigentlich nicht so fürchterlich durchgeschüttelt werden. Die Strassen sind teilweise wirklich miserabel. Und die vielen Obst- und Gemüsebauern sind auch nicht gerade grün. Dafür sehe ich zu viele Spritzwagen und Spritztornister. Ich programmiere mein Navi um, sodass es mich direkt nach Warschau zum Schloss Wilanow führt. Und siehe da - sofort sind die Strassen grösser und besser. Auf dem Weg finde ich eine kleine Bar auf einem Floss an einem romantischen Waldweiher. Schon lange ist Kaffee angesagt. Die gute Frau versteht nur Bahnhof, DSC00970wenn ich ihr mit Händen und Füssen Espresso erklären will. Aha, Kawa - jawoll nickt sie. Und bringt eine Riesentasse mit gestandenem Filter-Kaffee. Mit viel Zucker und Milch knapp geniessbar. Das mit dem Essen da habe ich schnell wieder vergessen. Kurz nach 2 Uhr komme ich am Wilanow-Park an. Ein Riesending: Schloss, Schlosspark mit vielen Nebengebäuden, 2 Kirchen, Kollegium, Denkmal und - was mich eigentlich hierher geführt hat - einem Plakat-Museum im alten Rennstall des Schlosses. Für die Warschauer eine Art Vergnügungspark. Zuerst schaue ich mir das Museum an. Eigentlich ist es in Europa das grösste Museum für Theater- und Schauspiel-Plakate. Darunter auch solche vom Opernhaus Zürich. Interessant. Danach lasse ich auch noch den Rest des Geländes auf mich wirken und was sehe ich direkt neben meinem Parkplatz: ein japanisches Restaurant. Und sie haben Enten-Teriyaki im Angebot. Ich habe ja noch nichts gegessen und kann nicht widerstehen. Um 5 Uhr gehts weiter zum Camping Wok: klein, gemütlich und sehr gut ausgestattet.

Freitag, 10.05.:  Ich erwache früh. Schon um 6 scheint die Sonne. Um halb 9 fahre ich mit dem Bike Richtung Stadt. 12 km heisst es. Mir scheint es mehr. Sehr guter Radweg bis auf eine Baustelle, wo er unterbrochen ist. Ich muss über die Hauptstrasse - ein Autobahnzubringer, wo die Polen hemmungslos bei 70 100 fahren. Ein Höllenritt. Vor allem bei der nächsten mehrspurigen Einfahrt. Ich überlebe ihn. In Warschau steuere DSC00977ich gezielt den von den Russen gespendeten Kulturpalast an. Nicht gerade einfach, denn am direkten Zugang wird ebenfalls gerade gebaut. An der Marszal Kowska (Champs Elisées von Warschau) vis-à-vis Kulturpalast belohne ich mich erst mal mit einem doppelten Espresso. Und weils so gluschtig ist mit einem Stück Tarte au citron meringuée (lieb ich doch so heiss). Von aussen ist der Kulturpalast so ein richtiger sowjetischer pseudo-klassizistischer Monumentalbau. Innen setzt sich das fort - mit viel Marmor und Gigi. Aber die drinnen versammelte Kultur kann sich wirklich sehen lassen: diverse Theater, Schauspielbühnen, Kinos, Ausstellungen und Kultursääle. Mit Angeboten von sehr klassisch bis sehr modern. Überhaupt: reist man so durch die ehemalige DDR und Polen gibt dies von den Sowjets ein etwas moderiertes Bild. Auf jeden Fall haben sie sehr viel für den Erhalt und die Restauration von Kulturgütern getan. Auf der Aussichtsplattform im 30. Stock hat man einen herrlichen DSC00979Blick über ganz Warschau. Und erlebt hautnah am Bau der neuen City mit ihren Hochhäusern, dass Polen zur Zeit die aufstrebendste Nation Europas ist. Vom Kulturpalast geht es durch den Ogrod Sask Park in die Altstadt. Mit Königspalast, vielen Kirchen, Monumenten, alten Bürgerhäusern und natürlich dem Marktplatz. Schon etwas erschöpft - auch von der Hitze (es wird wieder gegen 30 Grad) - fahre ich langsam der Weichsel entlang über die Flaniermeile, vorbei am Theater, und geniesse das lebendige Treiben. Für mein Glück brauche ich nur noch einen Bancomaten und einen Supermarket. Und siehe da: kurz vor der Brücke, wo meine Rückfahrt startet, finde ich nebeneinander beides. Jetzt gilt es nur noch, heil wieder “heim” zu finden. Schliesslich ist der lange Weg ziemlich kompliziert. 2 mal verfahre ich mich um vielleicht 10 Meter, um gleich zu merken, dass etwas nicht stimmt. KO komme ich schliesslich an und werde gleich von meinen neuen Nachbarn Jan und Sina - Holländer, er 76, sie 78, aber beide topfit und unternehmungslustig - in Beschlag genommen. Sie wollen wissen, wie man am einfachsten nach Warschau kommt. Mit dem Roller - sie auf dem Sozius - notabene. Ich rate ihnen, mit Bus und Tram zu gehen. Am Abend gibts noch ein heftiges Gewitter. Kein Wunder bei der Hitze und der Luftfeuchtigkeit. Ich bin froh, dass es nicht schon wie angekündigt am Nachmittag gekommen ist.

Samstag, 11.05.:  Gestern habe ich nicht erwähnt, dass ich 3 Leute kennen lernte, die sich beruflich mit Camper-Weltreisen befassen. Von weltreisemobile.de, abenteuerosten.de und seabridge.de. Die meinten übereinstimmend, dass sowohl die Route Russland-Mongolei-China als auch Iran-Kirgisistan-China ziemlich problemlos seien. Ein gutes Omen für meine Pläne? Meine heDSC00991utige Route stelle ich um: statt über Posen-Frankfurt/Oder nach Neu-Brandenburg fahre ich jetzt über Thorn-Stettin. Das heisst heute mal nach Thorn. Nicht nur weil die Strecke kürzer ist, sondern weil mich Thorn reizt. Die Geburtsstadt von Kopernikus mit ihrer original erhaltenen mittelalterlichen Altstadt gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Und gilt - gerade weil sie etwas abseits der grossen Reiserouten liegt - als absoluter Geheimtipp. Polen versinkt im Nieselregen. Und der Winter ist zurück. Gestern 28DSC00990, heute 13 Grad. Und ich fahre nach Nord-Westen, wo die Wetteraussichten eher schlechter sind als im Süd-Osten. Ohje. Der Stadt-Camping Tramp ist gerade im Totalumbau. Was ihm sicher gut tut. Bisher als 1 Sterne-Camping geführt, kann er das Aufmotzen schon gebrauchen. Die sanitären Anlagen sind bereits fertig und schön. Der Park ist noch Baustelle und bei diesem Wetter schlicht und einfach schlammig. Ich bleibe ja nur eine Nacht. In Thorn ist Altstadtfest. Alles voller Buden und Bühnen. Wegen Muttertag vielleicht. Die Armen. Das Fest versinkt in Nässe und Kälte. Alle Leute verziehen sich irgendwo ins Innere. Trotzdem vergeht ihnen der Humor nicht, wie das Bild rechts zeigt. Auch mir machts draussen nicht viel Spass. Besonders da Thorn - nach allem, was ich schon gesehen habe - nicht das grosse Ah und Oh ist. Schön, aber einfach noch mehr vom gleichen. Also zurück zum Camping. Und Internet. Am späten Abend gibts noch grosses Feuerwerk. Sicher zu meinen Ehren (hmm)...

Sonntag, 12.05.:  Heute ist Transfertag. Richtung Mecklenburger Seenplatte. Gut 600km. Mal sehen, wie weit ich komme. Zuerst mal nicht sehr weit. Fast bleibe ich im Morast stecken. Auf meiner Suche nach einem relativ trockenen “Ausweg” fahre ich beinahe einen Laternenmast um. Mit halsbrecherischem Wenden auf kleinstem Raum schaffe ich schliesslich den “Abflug”. Also Nässe und Dreck sind definitiv nicht hilfreich für Camperfreuden. Ich brauche unbedingt einen Tag zum Retablieren: Putzen, Waschen, Körperpflege. Das Navi meint, unten rum seien die Strassen besser als oben rum. Also doch noch über Posen und Autobahn Berlin. Auf der Überlandstrecke winken mich 2 Polizisten raus: ich sei im 60er 91 gefahren. Der eine hält mir die Laserpistole hin. Nur: er kann mich gar nicht gemessen haben. Das hätte ich sehen müssen. Also gute Miene zum bösen Spiel - schliesslich bin ich zu schnell gefahren, wenn auch nicht so viel. Nach vielem Verhandeln verlangt er schliesslich 300 Zloty, etwa 100 CHF. Wie er sieht, dass ich gerade noch so viel im Portemonnaie habe, gibt er mir 100 Zloty zurück und meint, sie würden das dafür ohne Kasse und Quittung abrechnen. Aha, daher weht der Wind. Dacht ichs doch. In Posen ist eigentlich alles gut angeschrieben. Doch das Navi führt mich an der Einfahrt Autobahn vorbei. Glücklicherweise schalte ich: die Autobahn ist noch ganz neu und das Navi kennt sie noch nicht. Von da weg bis Berlin und Abzweiger Richtung Neu-Brandenburg fahre ich “eigenmächtig”. Danach stelle ich mich auf einen Rastplatz, esse und trinke etwas und hole alle meine Unterlagen hervor. Wieder mal geht es um die Frage: wohin genau? Ich entscheide mich für den Campingplatz “Am Spring” am Werbellinsee. Noch ca. 100km von der Mecklenburger Seenplatte weg, aber von der Landschaft her ein guter Einstieg. Nach einer Neuprogrammierung führt mich das Navi ohne Zicken hin. Der Campingplatz verfügt über alles, ausser Internet. Morgen darf ich aber für 1/2 Std. an einen Anschluss im Büro. Wenn also das Wetter einigermassen ist, werde ich hier 2 Tage bleiben und retablieren. Nachtessen gibt es im Camping-eigenen Restaurant - direkt am See. Später komme ich noch ins Staunen: da gibts tatsächlich Dauercamper, die ihr “Anwesen” nachts illuminieren.

Montag, 13.05.:  Ich bin doch schon angekommen. Beim Lesen der ausgehängten Informationen habe ich gelernt, dass der Werbellinsee zu den südlichsten Ausläufern der Mecklenburger Seenplatte gehört. Ein riesengrosses (ca. 180 x 120 km), fast flaches (höchster Punkt 178 MüM) Wald- und Heidegebiet durchzogen von Wasserläufen und über 2000 Seen. Ein Eldorado für Wanderer, Biker, Wassersportler und Naturfreunde. Schon was ich gestern auf den ersten Blick gesehen habe erklärt, weshalb die Leute hiervon schwärmen. Und die heutige Morgenstimmung unter blauestem Himmel bestätigt dies. Auch wenn es noch ziemlich kühl ist. Offensichtlich hat Brandenburg in letzter Zeit viel schönes und warmes Wetter gehabt: hier herrscht Trockenheit und Waldbrandgefahr. Verrückt: nur ein paar 100km weiter in Polen führen die Flüsse Hochwasser! Wie beabsichtigt nutze ich den Tag zum putzen, waschen und mich zu zivilisieren. Am Mittag will ich ev. eine Radtour um den See machen - 26km. Aber dann kommt starker Wind und Wolken auf. Es riecht nach Regen. Ich räume lieber rechtzeitig den Camper ein. Schliesslich soll nicht gleich wieder alles nass und dreckig werden. Und nutze das Internet-Angebot der Platzleitung.

Dienstag, 14.05.:  Es hat die ganze Nacht geregnet. Bis heute früh um 7. Jetzt scheint zwischen den DSC01003Wolken hervor etwas Sonne. Ist aber noch kühl. Trotzdem trinke ich gemütlich meinen Tee draussen. Danach beeile ich mich aber, noch im Trockenen auf- und einzuräumen. Was glücklicherweise gelingt. Mein Plan ist, heute die Feldberger Seen anzusteuern. Und dann weitersehen: je nach Angebot Neubrandenburg und Tollensee, Müritzersee mit Schloss Rheinsberg sowie Schlossinsel von Mirow und Plauer See, Güstrow und Umgebung, und zum Schluss Schweriner See. Das Wetter bleibt wechselhaft - zum fahren nicht schlecht. Auf der rund 80km langen Strecke fahre ich an einer Art “Besenbeiz” vorbei: mitten in der Pampa hat ein kreativer Gutsbesitzer ein Draisinen-Museum eröffnet. Mit Gleisstrecke, wo man die Draisinen selber fahren kann. Und seine Frau führt die “Bahnhofs-Kneippe”. Hier kriegst du frisch gefangene Forelle blau für Euro 4.30, mit Beilagen (Kartoffeln, Salat) zahlst du 1 Euro drauf. Ich esse Bratkartoffeln mit 2 Spiegeleiern, ein grosses Bier und einen Cappuccino mit Erdbeerkuchen. Euro 7.50. In Carwitz direkt am See finde ich einen Camping mit dem sinnigen Namen “Klein & Fein”. Was durchaus zutrifft. Schöner Platz, gute Sanitäranlagen und Internet. Hier bleib ich mal sicher 2 Tage und erkunde die Umgebung.

Mittwoch, 15.05.:  Der Sommer ist wieder da: blauer Himmel, strahlende Sonne - nur etwas Wind. Der Morgen ist recht kühl, im Verlauf des Tages wird es über 25 Grad. Ich mache eine rund 30km lange Fahrradtour: am Carwitzer See entlang nach Feldberg mit dem FDSC01015eldberger Haussee, um den Schmalen und Breiten Luzin herum zum Lütten See. Viele Wanderer, Biker und vor allem Kanufahrer sind auch schon unterwegs. Am Breiten Luzin trinke ich im Alten Zollhaus - einem Romantik-Hotel - meinen Frühstücks-Kaffee. Zurück gehts über Wittenhagen und Hullerbusch nach Carwitz. Wo ich noch das schön gelegene Hans Fallada Haus besichtige. Der Dichter hat hier Zuflucht vor der Nazi-Verfolgung gefunden und viele seiner bekannten Erzählungen geschrieben. Die Gegend ist reizvoll, aber nicht wirklich aufregend. Sodass ich morgen weiter will. Heute werde ich noch etwas skypen und lesen. In der Dämmerung höre ich dem Konzert der vielen Vögel zu. Nebst den auch bei uns bekannten Arten gibt es hier auch See- und Fischadler, Bekassinen und speziell die Rohrdommel. Zudem beginnt in der Abenddämmerung das Röhren der Hirsche, das die ganze Nacht andauert. Ausserdem erküre ich definitiv meine speziellen Lieblinge auf dem Campingplatz. Einerseits diejenigen, die mit ihrem Fifi anrauschen und den erst mal jeden Baum markieren lassen, damit er sich in seinem neuen Revier wohlfühlt. Anderseits jene, die jeden Abend über der Feuerschale grillieren und dann die Glut mit Wasser löschen - sodass beissender Rauch den ganzen Campingplatz überzieht.

Donnerstag, 16.05.:  Diese Nacht habe ich schlecht geschlafen. Grund: mein rechter Fussknöchel. VorgesteDSC01019rn ein bisschen übertreten, gestern Fahrrad fahren. Am Abend wars noch nicht schlimm. Aber morgens um 2 bis ich mit heftigen Schmerzen und dickem Knöchel erwacht. Mit einer Schmerztablette konnte ich sosolala bis 7 schlafen. Nach grossen Anlaufschwierigkeiten wird es langsam besser. Aber an grosse Laufstrecken ist heute nicht zu denken. So mache ich halt iDSC01022n Neubrandenburg ein Minimalprogramm: nur 2 der 4 gotischen Tore, die alte Stadtmauer mit den eingebauten Wiekhäusern, die Marienkirche plus der gerade stattfindende Markt. Schliesslich muss ich für Pfingsten einkaufen. Bis hierher bin ich an riesigen Rapsfeldern und vielen Kastanienbäumen in weisser Blütenpracht vorbei gefahren. Von hier aus weiter nach dem Schloss Rheinsberg sind es wieder Föhren- und Buchenwälder. Letztere im Frühlingskleid: helles Grün vor dunklen Stämmen. Schön. Schloss Rheinsberg ist eine Mini-Ausgabe von Schönbrunn. Nur dass für die Wasseranlage im Garten keine künstlichen Anlagen gebaut sondern ein bestehender kleiner See genutzt wurde. Auch hier schaue ich mir nur das Äussere und den Park an, während ich die Kurt Tucholsky- und Theodor Fontane-Ausstellungen im Innern auslasse, um meinen Fuss zu schonen. Dafür gibts im nahen Biergarten ein grosses Pils (die Hitze macht Durst) und eine Boulette. Schloss Mirow liegt von der Tageszeit her nicht mehr drin (es ist schon 16 Uhr). Das muss warten bis morgen. Ich mache mich auf die Suche nach einem Campingplatz und werde in Zwenzow am Grossen Labussee fündig. Bin mal gespannt wie das morgen wird - an Pfingsten scheint hier überall alles ausgebucht zu sein!

Freitag, 17.05.:  Heute will ich nicht weit - nur die etwa 50km in die Region Müritzersee. Gut dass ich früh schon das Telefon in die Hand nehme. Direkt am Müritzersee ist kein Platz mehr zu finden. Aber am Plauersee - nicht weit davon weg - schon. Bis Montag reserviere ich im Naturcamping Malchow eine DSC01033Bleibe. Auf der Strecke dahin fahre ich an Mirow mit seiner Schlossinsel und der malerischen Kleinstadt Röbel vorbei. Das prächtige Barockschloss in Mirow ist leider gerade in der Schlussphase einer Totalsanierung. Ich bin also etwas zu früh, um als einer der ersten Bewunderer durch die Anlage zu spazieren. Ich kann den Bau nur von aussen - vom Torhaus und vom Kavaliershaus aus - betrachten. Und die alte Johanniterkirche gleich daneben anschauen. Spannend am Mirower DSC01041See sind auch seine reetgedeckten Bootshäuser “auf Stelzen”. Sie geben diesem Teil der Seenplatte ein ganz spezielles Bild. Röbel hat einen gut erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern. Mit zwei frühgotischen Backstein-Kirchen, einem klassizistischen Rathaus, einem alten Backstein-Postamt und vielen Fachwerkhäusern. Relativ früh erreiche ich Malchow. Nur - die Brücke, über die ich fahren müsste, hat der Belastung nicht standgehalten und ist in Neubau. Also eine kleine Strecke zurück, über die Autobahn auf die andere Seite des Sees und erst dann komme ich definitiv zu meinem Zielort. Dieser liegt zwar direkt am Plauer See, dort aber ziemlich im Nirgendwo. Naja, ich habe jetzt drei Tage Zeit um zu sehen, was sich von hier aus erkunden lässt. Vermutlich werde ich doch noch 2-3 Tage direkt an die Müritz gehen müssen. Übrigens: meinem Fuss gehts deutlich besser. Morgen kann ich sicher wieder Bike fahren.

Samstag, 18.05.:  In der Nacht hat es ein heftiges Gewitter gegeben und der Himmel ist immer noch DSC01055bedeckt. Ich fahre mit dem Bike dem Plauer See entlang ins 3kDSC01052m entfernte Alt-Schwerin. Da gibt es einerseits das Agroneum - ein Museum über die Landwirtschaft der letzten 200 Jahre in dieser Region (nicht so spannend). Wobei ein grosser Teil des Dorfes Museum zu sein scheint. Anderseits findet da immer über Pfingsten “Der grösste Trödelmarkt Norddeutschlands” statt (sehr spannend). Der Trödelmarkt nimmt ein ganzes Festgelände in Anspruch. Zu finden sind u.a. Ersatzteile für Oldtimer (v.a. LandwirtschaftDSC01053 und DSC01058Motorräder), Gerätschaften aller Art, militärische Reliquien sowie jeglicher Krimskrams, der aus alten Haushalten stammt. Natürlich wie immer auch Ramsch, der eigentlich auf den Abfall gehörte. Trotz meines Fusses radle ich am Nachmittag nach Malchow. Gestern hatte ich ja keine Zeit, mich dort näher umzusehen. In der Zwischenzeit scheint Sonne zwischen den Wolken hervor. Die Altstadt von Malchow gibt nicht viel Neues her. Ausser vielleicht der von weit her sichtbaren Klosterkirche. Dafür ist es im Hafen sehr gemütlich. IcDSC01059h setze mich in ein Gartenrestaurant direkt bei der provisorischen Fussgänger-Drehbrücke und schaue dem bunten Treiben der Boote beim Passieren zu. Und esse eine halbe Portion Spargel. Allmählich deckt der Himmel zu und ich beeile mich zu zahlen. Trotzdem erwischt mich das Gewitter auf halber Strecke voll und ich komme völlig durchnässt im Campingplatz an. Schnell wechsle ich die Klamotten. Alles noch mal gut gegangen. Heute Abend wirds noch Rambazamba auf dem Camping geben. Festplatz und Bühne sind jedenfalls schon aufgebaut. Bin gespannt, wie viel Schlaf dass wohl drinliegt?

Pfingstsonntag, 19.05.:  Mist, habe meinem Fuss gestern wohl etwas zu viel zugemutet. Er ist zwar nicht mehr geschwollen, schmerzt aber leicht. Zudem hatte ich in der Nacht einen Krampf in der Wade. Heute werde ich wohl nicht viel unternehmen können. Gerade jetzt, wo das Wetter wieder kalt und regnerisch geworden ist und ich mich weit im Outback befinde. Ausserdem komme ich gerade von einer Auseinandersetzung mit meinem Nachbarn, der - damit er mit seinem Auto rausfahren konnte - eine Zeltschnur meiner Markise gelöst hat, ohne sie nachher wieder zu befestigen. Aus reinem Ärger, da er als Dauercamper vermeintlich das Recht hat, über meinen Platz zu fahren. Ich verstehe ja, dass diese Leute sich belästigt fühlen, wenn an Pfingsten der hinterste Platz belegt wird. Aber es ist für mich auch nicht angenehm, wenn mir ein Platz mitten in dieser Clique zugewiesen wird, die mich dann nur als Störefried erlebt. Wo alle sich doch so schön eingeigelt haben und sich gewohnt sind, diesen mittleren Platz als freien Durchgang zur Verfügung zu haben. Nur: wenn - gerade bei diesem manchmal stürmischem Wetter - eine Markise ins Flattern kommt, kann sie grossen Schaden anrichten. Allein die Markise kostet über 2000 Franken, geschweige sie zerschlägt Teile der Karrosserie. Ich hoffe er hat verstanden, dass ich nichts gegen das Durchfahren habe, aber einfach erwarte, dass er nachher die Zeltschnur wieder festzurrt. Von wegen “Schöne Pfingsten!”. Na immerhin: der Festlärm hat mich kaum gestört und ich habe gut geschlafen. Ich nutze den Tag so weit es geht zum Retablieren. Am Nachmittag komme ich im campingeigenen Restaurant bei Kaffee und Kuchen zu einem interessanten Gespräch mit einem Paar aus Dresden. Sie geben mir gute Tipps für meine nächstjährige Spanienreise. Der Abend bringt noch etwas Sonne. Ein gutes Omen für morgen? Entsprechend ist es wärmer als gestern und ich gehe noch zum Konzert, wo die Band Bernstein aus Leipzig Hits aus den 60er bis 80er Jahren spielt.

Pfingstmontag, 20.05.:  Leider war die Sonne gestern Abend nur eine kurze Motivationsspritze. Der Wetterbericht lässt für die nächsten 10 Tage nichts Gutes ahnen: Bedeckt, Wind, Regen und um die 10 bis max. 15 Grad. Heute will ich nach Waren-Kamerun in die Kamerun Lodge - einem 5 Sterne Camping. Im VorbeifaDSC01070hren schaue ich mir Waren an, ganz klar die touristische Nummer 1 in der Müritz-Region. Da steht auch das Müritzeum, das multimediale Info- und Erlebniszentrum zum Müritz-Nationalpark und zu den Mecklenburger Seen. Interessant in Waren sind 2 Bereiche: der gründlich sanierte historische Kern der Altstadt und die Hafenmeile. In der Altstadt flaniere ich am Alten Markt mit dem alten Rathaus, am Neuen Markt mit dem neuen Rathaus, an vielen Fachwerkgebäuden und an den beiden Kirchen vorbei. Wobei ich mir die Georgs- und Marienkirche näher ansehe. Beides alte Kirchen - aus dem 13. und 14. Jhdt. -, sonst wenig auffällig. Ausser vielleicht dem Turm der Marienkirche, den man besteigen kann. Das Besondere an der Hafenmeile sind 2 grosse alte Speicherhäuser, die heute als Hotel und Einkaufszentrum dienen. Sowie die Anlegestellen der beiden grossen regionalen Schifffahrts-Gesellschaften. In der Kamerun Lodge habe ich endlich wieder einmal einen multimedialen Vollservice: mit gratis Internet am Platz (über das ich auch Mails versenden kann) und TV.

Dienstag, 2DSC010831.05.:  Bis jetzt bin ich immer etwa um halb 7 aufgestanden. Heute schläfts bis fast 9. Weshalb soll ich auch aufstehen? Es ist nass und kalt draussen. Also mal Frühstück und Internet. Danach raffe ich mich doch noch auf und fahre mit dem Bike der Müritz entlang nach Waren, um das Müritzeum mit seinen Terrarien und Aquarien anzusehen. Echt spannend: denn wenn das Wetter mitmachen würde, wäre der Müritz Nationalpark ein Natur-Traum. Mit seiner DSC01081unheimlich reichhaltigen Flora und Fauna. Und den grosszügigen Landschaften, Schlössern und herrschaftlichen Gutshäusern. Schade sehe ich unter den jetzigen Umständen nur einen Teil davon. Nach der Besichtigung flaniere ich noch etwas durch Waren. Prompt kommt Regen auf. Schnell rette ich mich in ein Restaurant, wo ich - quasi “notgedrungen” - eine Wildschwein-Keule verzehre. Wie der Regen etwas nachlässt schwinge ich mich schnell in den Sattel und pedale zum Camping zurück. Diesmal werde ich nur leicht nass. Und habe anschliessend Zeit, wieder mal meine Finanzen zu regeln.

Mittwoch, 22.05.:  Es ist deprimierend. Ich hätte gerne noch eine geführte Radtour und eine Schifffahrt durch den Müritzer Nationalpark gemacht, Vögel und weitere Tiere beobachtet und in der Natur die DSC01091Seele baumeln lassen. Aber bei diesem Wetter - es ist noch bissiger Wind aufgekommen - ist für solche Unternehmungen der Spassfaktor gleich Null. Also zusammenpacken und weiter. Wie ich mich nach Güstrow auf den Weg mache, DSC01098lacht hämisch die Sonnenscheibe - wie ein Mond - hinter den dunkeln Wolkenschwaden hervor. Wie um zu sagen: Ich wär denn schon noch da. Kurz darauf beginnt es zu regnen. Und es wird den ganzen Tag nicht mehr aufhören. Also auch in Güstrow Innenprogramm - heisst Schloss und Dom. Das Schloss ist reich an Schätzen. Im Untergeschoss beherbergt es eine der bedeutendsten mittelalterlichen Sammlungen kirchlicher Schätze Deutschlands: Altäre, Skulpturen, liturgisches Gerät und Kostbarkeiten aus mecklenburgischen Frauenklöstern. Im DSC01092historischen Speisesaal und der Renterei im Erdgeschoss eine Sammlung von Jagd- und Prunkwaffen inmitten von altflämischer Malerei - u.a. von den beiden Cranachs sowie Maerten de Vos - und antiken Möbeln. Im Obergeschoss mit dem Festsaal und angrenzenden Räumen herrliche Decken, Friese, Türen DSC01101sowie eine Münz-Sammlung, einen Sprüngli-Humpen, Majolika und Möbel aus Italien. Die Sonderausstellung zeigt Malerei der Moderne aus Dresden (in der DDR-Zeit unerwünscht). Der im 13. und 14. Jhdt. gebaute Dom enthält noch viele DSC01107originale Teile, wie ein Taufbecken aus gotländischem Muschelkalk oder das Triumphkreuz. Weitere wesentliche Elemente kamen bis ins 16.Jhdt. dazu: der Wandelaltar, das Ulrich-Monument und die Kanzel. Aber auch neue Kunst des 20. Jhdt. von Ernst Barlach, der in Güstrow lebte, schmückt ihn. Am bekanntesten davon wohl “Der Schwebende” - eine scheinbar schwerelose Bronze. Beim schnellen Gang über den Marktplatz fällt noch das Rathaus auf. Die geschickt gemachte durchgängige Fassade lässt nicht ahnen, dass es aus 4 ehemaligen Giebelhäusern sozusagen zusammengesetzt wurde. Das Wetter lässt einfach kein Aussenprogramm zu. Daher entscheide ich mich, direkt nach Schwerin durchzufahren und da im Ferienpark Seehof zu campieren. Mit der Hoffnung auf bessere Zeiten (Der Wetterbericht für die nächsten Tage macht zumindest etwas Mut!).

Donnerstag, 23.05.:  Juhu - es gibt sie doch noch. Diese gelbe runde Scheibe am Himmel. Wie heisst DSC01124sie schon wieder? Richtig: Sonne. Sie hat heute Weckdienst. Allerdings bei empfindlicher Kälte: ganze 2 Grad! So lange heizen am Morgen musste ich noch gar nie. Die ganze Nacht durcDSC01110h war Sturm, dadurch ist der Boden fast abgetrocknet. Zuerst mal heisse Dusche und Frühstück, dann neu planen: Heute per Bike nach Schwerin, morgen mal sehen. Am 29. früh muss ich in Hamburg sein. Dann geht mein Flieger nach Zürich, wo ich für 5 Tage Gaby besuche. Ich freue mich darauf, sie wieder mal in die Arme zu schliessen. Der Kontakt über Mail, sms und Skype ist zwar rege - aber dennoch nur Ersatz. Zwischen hier und Hamburg möchte ich noch zum Ziel meines ersten Reiseteils: nach Wismar. Die 8km ins Zentrum schaffe ich in 20 Minuten. Schwerin ist die kleinste Landeshauptstadt Deutschlands, aber mit dem wohl eindrucksvollsten Landtags-Sitz: dem Schweriner Schloss. Dieses liegt sehr schön - umgeben von eindrucksvollen Parkanlagen - auf einer kleinen Insel mitten imDSC01120 Stadtbereich. Von da aus fahre ich zum Marktplatz mit dem alten Rathaus und durch einen Torbogen zum kleineren Schlachtermarkt mit der “Alt Schweriner Schankstube”. Im Classic Café Röntgen trinke ich an der Sonne einen Kaffee und rauche einen Cigarillo. Von aussen und innen gewärmt mache ich mich Richtung Dom auf - kaum zu übersehen mit seinem 117 Meter hohen Turm. Ich wage mich, die 220 Stufen hoch zur Aussichtsplattform zu steigen, und werde mit einer herrlichen Rundsicht belohnt. Von hier oben ist schön zu sehDSC01128en, dass Schwerin an 7 Seen liegt. Am frühen Nachmittag geht es dann dem Pfaffenteich entlang - am alten Arsenal vorbei - zurück zum Campingplatz. Einerseits komme ich so noch zum dringenden Retablieren (Putzen und Waschen), anderseits kann ich mal - statt immer auswärts zu essen - meine Vorräte aufbrauchen. Zum Zmittag/Znacht gibts Steak von der Rinderhuft mit Bratkartoffeln und Tomatensalat. Ausgesprochen fein. Internet ist hier leider keines. Also lesen und TV.

Freitag, 24.05.:  Das Ende von Teil 1 der Reise nach etwas mehr als einem Monat rückt näher. Der DSC01130Himmel ist blau, die Temperatur fühlt sich besser an, da der kühle WindDSC01137 nachgelassen hat. Vermutlich Tagesgang-Wetter wie gestern: Morgens blau, dann wachsende Bewölkung und am Abend je nachdem bedeckt, Regen oder Gewitter. Also schnell los - ohne Frühstück. Heute geht der Weg nach Wismar. An riesigen Rapsfeldern vorbei, die manchmal bis zum Horizont reichen. Und durch die hier oben häufigen langen Baum-Alleen. An Dorf MecklenburgDSC01135 vorbei: der einstigenDSC01139 slawischen Burg Miklinburg, die ja als “Wiege des Landes” gilt. Die Zufahrt zu Wismars Zentrum ist im Bau. Ich muss Umwege fahren. Ich hänge mich einfach einem Bus an - wo der durchkommt, gehts auch für mich. Ich lande direkt auf dem Marktplatz und oh Wunder - finde dort einen freien Parkplatz. Direkt gegenüber der alten Schwedenwache. Dies muss belohnt werden: mit einem Bauernfrühstück an der Sonne. Nach Cigarillo undDSC01140 Toilette mache ich mich zu einem Rundgang auf: erste Station Gotisches Viertel. Leider im zweiten Weltkrieg zu einemDSC01138 grossen Teil zerstört. Jetzt teilweise wieder aufgebaut. Quer durch die Altstadt gehts dann zur Frischen Grube und Nicolai-Kirche. Hervorragendes Beispiel Norddeutscher Backstein-Gotik. Ich habe Glück - gerade wird ein Orgelkonzert gegeben. Im 37m hohen Schiff tönt dieses wirklich imposant. Anschliessend schlendere ich durchDSC01141 das 500 Jahre alte Wassertor zum Alten Hafen, wo die Fischer direkt von ihren Kuttern Räucherfisch und Fischbrötchen verkaufen. Der Weg führt von den Liegeplätzen der Schiffe am barocken Baumhaus vorbei. Davor die beiden sogenannten Schwedenköpfe - zwei gusseiserneDSC01133 bunt bemalte alte Poller. Wismar und Teile der Wismarbucht gehörten ja über 250 Jahre bis 1903 zu Südschweden. Noch heute hören die Wismarer gerne, wenn man sie Altschweden nennt. Ganz im Gegensatz zu ihrem anderen Übernamen: Fischköppe. Beim Zurückflanieren an den und rund um den Marktplatz fallen mir die vielenDSC01154 bunten Details an den Fassaden und Toren in Wismar auf. Unter anderem auch am Haus zum Alten Schweden. Raus aus der Altstadt habe ich etwas mehr Mühe als ich rein hatte. Aufgrund der vielen Strassenarbeiten verfranse ich mich mehrmals. Aber dann finde ich doch den Weg nach der Insel Poel, wo ich mich im Campingplatz Leuchtturm am Timmendorfer Strand einniste. Die Insel Poel kommt mir vor wie ein Sylt im Taschenformat: Sand, Strandkörbe, Strandcafés - einfach alles etwas kleiner und schlichter.

Samstag, 25.05.:  Heute ist keine Eile angesagt. Am frühen Morgen hats wieder zu regnen begonnen. Wär ja auch langweilig: immer nur Sonne! Mein heutiges Ziel: rund um dieDSC01147 Wismarbucht fahren bis ans andere Ende - nach Boltenhagen. Dabei komme ich nochmals an Wismar und dem Alten Hafen vorbei. Das Ostseebad Boltenhagen macht in diesem Dauerregen einen bemitleidenswerten Eindruck. Sein absolutes Plus ist der lange steinfreie Sandstrand mit einem 290m langen Schiffsteg. Beides in der Nässe nicht sehr attraktiv. Genauso ist es mit den Campingplätzen. Sie gleichen grossen Wasserpfützen. Dafür sind sie aber schweinisch teuer. In den Preisen hat man sich Sylt zumindest angepasst. Ich stosse alle meine Entscheide um und fahre nach einem ausgiebigen Mittagessen im Strandcafé (Es gibt Matjes-Tatar zur Vor- und Entrecôte zur Hauptspeise) Richtung Lübeck. In einer Stadt gibt es auch bei diesem Wetter sicher etwas zu erleben. Auf der Fahrt rumpelt es plötzlich hinten im Camper. Ein weiterer Rückhalter hat seinen Geist aufgegeben. Ich muss möglichst heute noch einen Baumarkt finden, damit ich ihn reparieren kann. Gut, dass der Regen doch noch aufhört, dass der Baumarkt in der Nähe des Campings Schönböcken ist und am Samstag bis 21 Uhr offen hat. Um 20 Uhr ist ein neuer RücDSC01161khalter zurechtgestutzt und montiert.

Sonntag, 26.05.:  Lübeck stand ja eigentlich nicht auf meinem PrograDSC01163mm. Aber da der Regen heute morgen nur leicht nieselt und ich nun mal da bin, lade ich meinen kleinen Flitzer aus und fahre schon früh um 8 Uhr die 6km in die Stadt. Über die Puppenbrücke am Holsten-Tor vorbei direkt zum Markt, mit dem Rathaus, dem Buddenbrook-Haus und der Marienkirche. Schnell stelle ich fest, dass es sich um eine grössere Stadt handelt, denn die Altstadt ist nur in kleinen Teilen historisch erhalten. Der Rest sind deutlich neuere Gebäude: Banken, Kaufhäuser, Wohnhäuser. Aber man sieht die Grösse der Stadt auch an den erhaltenen Häusern: sie DSC01166sind imposant und reich verziert. Ich fahre einen Teil der Altstadt ab, aber wegen des Regens und weil Sonntag ist, wirkt diese ziemlich ausgestorben. DSC01164Schade um den “Geschichtserlebnisraum Lübeck”, der in verschiedenen Anlagen themenbezogen aufgebaut wurde. Die paar Ritter und Burgfräulein stehen durchnässt und verloren herum. Auch bei der Kanalschifffahrt ist tote Hose. Die Altstadt ist ja ganz von mehreren Trave-Kanälen umzogen. Und bei schönem Wetter wäre eine Kanal-Stadtrundfahrt sicher ein Erlebnis. Auch den für Lübeck typischen Innenhöfen und kleinen Durchgängen kann ich nicht wirklich nachgehen, denn es beginnt wieder heftiger zu regnen. Also schnell zurück zum Campingplatz, um nicht wieder völlig durchnässt zu werden. Internet, Skypen sowie am Abend Nachrichten und Tatort.

Montag, 27.05.:  Ich bin am Ziel des 1. Teils meiner Nordlicht-Reise angekommen: Hamburg. Ein DSC01173versöhnlicher Tag - schon am Morgen trocken, ab 16 Uhr sogar Sonne. Und diese soll - zumindest für morgen - bleiben. Nach dem Aufräumen bin ich früh losgefahren und zeitig am Stadt-Camping Buchholz angekommen. Glücklicherweise, denn um 11 Uhr war er schon völlig ausgebucht. Da der WetterberichDSC01176t eigentlich für 16 Uhr Regen angesagt hat, bin ich mit dem Bus in die Stadt und rund um den Rathaus-Markt, die Binnenalster und die Alster-Arkaden flaniert. Als ich seinerzeit in den 80er-Jahren 4 Monate hier arbeitete, war ich ja in dieser Region zuhause. Mein Arbeitsplatz - bei einer Werbeagentur - befand sich am Jungfernstieg und ich wohnte direkt an der Aussenalster. Hamburg hat sich aber seit da tüchtig herausgeputzt. In den Alster-ArkaDSC01178den habe ich mich in ein Café gesetzt, etwas getrunken und gegessen und einfach das Grossstadt-Gewühl auf mich wirken lassen. Nach zwei drei Stunden habe ich dann gemerkt, dass mich die Hektik eher nervös macht und es wohl besser wäre, wieder zum Camping zurückzukehren. Jetzt geht es darum, für die 5 Tage, wo ich nach Zürich fliege, eine Bleibe für den Camper zu finden. Heute Abend werde ich mit Stefan - dem Sohn von Urs Osterwalder, der hier wohnt - telefonieren und ihn fragen, ob er für mich eine Lösung gefunden hat. Wir haben sowieso für morgen Abend einen Termin vereinbart. Falls nicht, habe ich heute selber eine Option aufgetan: ganz in der Nähe von hier - bei einer ARAL-Tankstelle, die 24 Stunden bedient ist - könnte ich für 8 Euro die Nacht meinen Camper hinstellen.DSC01184 Vorteil dieses Arrangements: ganz in der Nähe fDSC01181ährt ein Schnellbus zum Flughafen.

Dienstag, 28.05.:  Heute wird es ein strahlender Tag. Vor 8 Uhr pedale ich mit meinem Flitzer Richtung Landungsbrücken an der Elbe los. An der Reeperbahn vorbei. So früh ist hier noch gar nichts los. Alles zu. Auch an den Landungsbrücken nur Touristen. Erst um 10 komme ich zu meiner Tasse Kaffee. Vorher radle ich langsam durch den Elbpark. Danach geht es zum Fischmarkt und der Fisch-Auktionshalle. Zurück nutze ich die Möglichkeit, durch ein paar Pärke zu fahren. Mittagessen im Camper. Schliesslich muss ich noch meine Vorräte aufbrauchen. Heute DSC01182DSC01192Nachmittag geht es zur Reeperbahn, wo ich um 6 Uhr auch Stefan und seine Familie treffe.

Mittwoch, 29.05. bis Montag, 03.06.:  Zürich und zurück per Flieger. Ich “besuche” Gaby und hol mir ein paar fehlende Sachen von zuhause. Für den Camper habe ich die ARAL-Lösung gewählt. Fazit der ersten rund 3500km: Highlights waren Dresden und die Sächsische Schweiz, Krakau - sowie in der Mecklenburger Seenplatte die Uckermark und die Müritzer Region; der Minuspunkt war sicher das häufig nasskalte Sauwetter. In den 40 Tagen hatte ich 17 Regen- und weitere 6 nasskalte Tage, 3 Tage war es bedeckt aber trocken - an 14 Tagen schien die Sonne.

 

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