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Donnerstag, 3.5. bis Freitag, 18.5.2012
Bernina-Pass - Puschlav - Trento - Valsugana - Marostica - Vicenza - Cittadella - Castelfranco - Treviso - Lido di Jesolo (Punta Sabbioni) - Venedig - Chioggia - Podelta - Porto Garibaldi - Ravenna - Ferrara - Soave - Sirmione - Peschiera - Gardasee - Kalterer See - Bozen - Meran - Vinschgau - Ofenpass
Donnerstag, 3.5.: Gemütliches Frühstück in Eich. Dann geht es los. Das erste Mal im Camper allein. Und dieses Mal gut vorbereitet. Ich habe mir genügend Zeit genommen, um alles einzukaufen und zu laden. Die Reise verläuft über Chur und den Julier- zum Bernina-Pass. Je weiter östlich ich komme, desto strahlender scheint die Sonne. So sollten Ferien immer anfangen! Auf der Bernina Passhöhe draussen am Steintisch im T-Shirt mein erstes Mittagessen. Ganz italienisch: Insalata mista, Spaghetti, Panna cotta - mmh. Weiter geht die Fahrt übers Puschlav, Tirano, den Passo di Aprica und den Passo del Tonale nach Trento. Viel Zeit nehme ich mir nicht, diese ganzen italienischen Skigebiete am Weg anzusehen. Ich will ans Ziel kommen. Einen Strich durch diese Rechnung macht mir dann allerdings das Navi. In Trento führt es mich einfach wieder nordwärts. Von dieser Richtung komme ich ja und ich weiss doch genau, es müsste ostwärts gehen. Nach ein paarmal herumkurven frage ich mich durch. Das Navi hat dummerweise doch recht: die Strasse nach Padua führt nämlich erst nordwärts und dann erst in grossem Bogen durch einen Tunnel Richtung Osten. Naja, eine Stunde für die Katz. Einmal auf dem richtigen Weg gehts dann nicht mehr lange. Eine halbe Stunde später checke ich am Lago di Caldonazzo auf dem Camping Punta Indiani ein. Ein kleiner, familiärer, wunderschöner Campingplatz direkt am See. Und erst noch günstig. 10 Minuten später weiss ich auch weshalb. Der erste Zug fährt quietschend direkt am Platz vorbei. Bis 22 Uhr wiederholt sich das jede halbe Stunde 2 mal - je 1 mal in jede Richtung. Morgens ab ca. 7 Uhr fängt das Spiel von vorne an. Ich lasse mir meine Stimmung nicht vermiesen und belohne mich für meine Tagesleistung im Restaurant ganz in der Nähe mit einem feinen Znacht: Hirschstücke und Gemüse vom Grill mit feinen Kräuterkartoffeln sowie einer regionalen Spezialität: verschiedene lokale Käse mit Marmelatini (eine Art Chutney: aus Kürbis und Ingwer; Heidelbeer mit Rhabarber und Zitrone; Karotten, Orangen und Ingwer). Gut genährt und rundum zufrieden gehe ich ins Bett.
Freitag, 4.5.: Offensichtlich haben mich die gut 500 km und 4 Passfahrten des ersten Tags doch etwas geschlaucht. Ich schlafe bis halb 9 Uhr, obschon draussen das schönste Wetter herrscht. Nach der Morgentoilette und meinem obligaten Tee mit Cigarillo und Sudoku (habe mir extra für die Ferien ein dickes Rätselheft gekauft) wird das Fahrrad ausgeladen. Heute kommt die Muskelkraft zum Zuge. Pedalen nach und Einkaufen in Pergine. U.a. Prepaid Simcards für Handy und Internet. Soll ja schliesslich im teuren Telefon-Italien Kosten sparen helfen (Hat sich dann aber in der eigenen Erfahrung absolut nicht bewährt. Ich habe nach jetzt 3 Wochen zuhause immer noch Probleme mit TIM Italia. Der Internet-Zugang hat nie wirklich geklappt - und telefonieren bleibt auch auf diese Art von Italien aus teuer). Mittagessen zurück im Camper und nachmittags schöne Velotour dem See entlang nach Caldonazzo und Lérico Terme. Das Wetter verschlechtert sich zusehends und der Wetterbericht für den nächsten Tag ist nicht gut. Ich mache, dass ich zurück zum Campingplatz komme. Und plane, morgen in die Thermen baden zu gehen. “Zuhause” steige ich dann mit zittrigen Beinen und leichtem Muskelkater vom Rad, gerade kurz bevor das Gewitter loslegt. Ich merke, dass ich schon lange nicht mehr 40 km am Stück Rad gefahren bin. Am Schärmen gibts ein dickes Entrecôte mit Salat. Marke Mario.
Samstag , 5.5.: Es regnet wirklich. Allerdings nicht wirklich in Strömen. Lérico Terme erweist sich als Reinfall. Es ist ein Wellnesscenter mit Therme, aber kein Thermalbad. Und es gibt nur Trattamenti (z.B. Schönheits-Massagen und -Bäder), aber kein öffentliches Bad. Also fahre ich weiter durchs Valsugana Richtung Bassano del Grappa. Das Tal der Brenta ist eine Augenweide. Hier gibt es fruchtbares Land mit viel Grün, abwechselnd mit Schluchten und Auenwäldern. Einfach schön. Und je weiter ich komme, desto mehr klart es auf. In Bassano ist Wochenmarkt und wenig mehr von Schlechtwetter zu spüren. Das bunte Treiben an der Piazza della Liberta ist lebhaft. Zuerst habe ich Mühe, einen Parkplatz zu finden. Dann schlendere ich über den Markt und durch die Altstadt zum Ponte degli Alpini, einer alten Holzbrücke über die Brenta. Gleich unter der Brücke sehe ich von oben ein schnuckeliges kleines Restaurant. Gerade richtig für einen kleinen Imbiss. Frisch gestärkt fahre ich weiter nach Marostica, einem Städtchen, dessen Stadtmauern sich als Bur ganlage über den umgebenden Pausolino-Hügel ziehen. Imposant. Und von weither sichtbar. Nur, gerade wie ich in Marostica einfahre, beginnt es wieder zu regnen. Und diesmal heftig. So kann ich die Anlage nur zum Teil besichtigen. Weiter geht es nach Vicenza. Dort wird zwar das Wetter wieder schön, aber die Stadt erweist sich nicht gerade als Camper-freundlich. Der Mangel an geeigneten Parkplätzen, die Hektik, die Enge und der Lärm lassen in mir nur einen Wunsch aufkommen: “Ich will raus hier!” Es zieht mich weiter nach Cittadella und Castelfranco. Zwei mittelalterliche mit Ringmauern und Burggraben befestigte Städtchen. Solche Städte scheint es in dieser Region viele zu geben. Sie gehen auf die gegenseitigen Raubzüge zwischen den Paduanern und Trevisianern im 13. und 14. Jh. zurück. In Castelfranco übernachte ich auf einem Stellplatz für Camper.
Sonntag, 6.5.: Weiter geht es relativ früh schon nach Treviso. Der Himmel ist immer noch be deckt, aber das Wetter am bessern. Diese Stadt ist typisch italienisch, mit wenig Touristen. Und bietet an diesem Sonntag ein Bild von Morgenstimmungs-Romantik gepaart mit Vergänglichkeit. Nur Kirchen, Bars und Zeitungskioske sind geöffnet. Die Menschen singen in den Kirchen oder lesen und diskutieren in den Bars. Die Häuser strahlen vergangene Wohlhabenheit aus. Aber weitherum zeigt sich auch Verfall. Ich genehmige mir einen Morgen-Espresso und schlendere durch die Altstadt. Schade, dass heute Sonntag ist. Denn Läden hätte es hier schöne, mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Sonne kommt immer mehr hervor und mit ihr steigen die Temperaturen. Auf der Fahrt an die Küste Richtung Lido di Jesolo fällt mir auf, wie viele Pflanzen hier schon blühen, die bei uns zuhause noch nicht so weit sind: z.B. Akazien, Flieder, Rosen, Mohn. Gerade die Akazienblüten fallen zum Teil schon in solchen Mengen herunter, dass es aussieht wie wenn es schneien würde. Ich fahre dem Lido di Jesolo und ganzen Litorale del Cavallino entlang und komme schon früh am Nachmittag zur Punta Sabbioni, dem äussersten Zipfel gerade gegenüber Venedig. So bleibt auf dem Camping Miramare Zeit zum Retablieren: Abwasser entsorgen, Frischwasser füllen, Wäsche waschen, Camper reinigen usw.. Und in den Hafen zu gehen und mich nach dem Fahrplan des Vaporetto nach Venedig zu erkundigen.
Montag, 7.5.: Venedig ist angesagt. Mit dem Vaporetto direkt zum San Marco. Der Macchiato im Café Chioggia vis-à-vis vom Dogenpalast i st teuer, aber schön serviert. Venedig beeindruckt immer wieder: dieser Prunk, diese “vergangene” Pracht - und diese Menschenmassen, die sich das ansehen wollen. Auch um diese Jahreszeit schon. Überall Gedränge und Schlangen, die anstehen, und natürlich auch die Warnung vor Taschendieben. Ich lasse mich über den Markusplatz und entlang der langen und attraktiven Wasserfront schieben und treiben - hin und zurück. Es wird heiss heute. Am Morgen früh waren es schon 23 Grad, jetzt sind es an die 30 - und es werden noch mehr. Entsprechend drängt es mich an die Kühle. In einem schattigen Seitengässchen finde ich ein typisches kleines Restaurant. Hier gibt es keine Touristen-Menüs, sondern italienisch e Küche. Halt auch etwas teurer, aber fein. Und schliesslich ist es schon 1 Uhr. Und ein kühles Bier fällig. Sowie eine saubere Toilette. Ich entscheide mich, am Nachmittag mehr in die Seitengässchen einzutauchen. Einerseits ist es hier kühler, anderseits hat es weniger Touris. Es ist eine gute Entscheidung, die manch Entdeckung zulässt. Kleine, aber charakteristische Dinge wie einheimische Alte, die sich am schattigen Plätzchen mit Parkbank zum Schwatz treffen. Oder wie geschickt sich die Schiffe (Gondeln, Wassertaxis, Lastschiffe) auf den engen Kanälen gegenseitig organisieren usw.. Zufrieden nehme ich am Abend das Vaporetto zurück zur Punta Sabbioni. Obschon ich, trotz aller Vorsicht, einen leichten Sonnenbrand habe.
Dienstag, 8.5.: “Venedig oder nicht?” - das ist heut’ die Frage. Ich entscheide mich für “nicht” und die Fahrt um Venedig herum nach Chioggia, das in den Katalogen und Prospekten als “Klein-Venedig” angepriesen wird. Und von wo aus ebenfalls ein Vaporetto direkt nach Venedig fährt, was diese Option immer noch offen lässt. Schon früh am Nachmittag komme ich im Camping Adriatico direkt am Strand von Chioggia Sottomarina an und finde dort einen schönen, schattigen Platz. Mit dem Fahrrad erkunde ich Chioggia. Das Fischerstädtchen, das von seiner Struktur her - mit dem Canale Vena und den Brücken darüber - an Fischgräten erinnert, ist zwar spannend. Trotzdem bin ich etwas enttäuscht - nach den Anpreisungen hätte ich von “Klein-Venedig” mehr erwartet. Ich kaufe ein und fahre dem Strand von Sottomarina entlang zurück zum Campingplatz.
Mittwoch, 9.5.: Wieder die Qual der Wahl. Drei Varianten stehen zur Verfügung: Venedig - mit der reizvollen Schiffahrt entlang der Pellestrina und dem Lido von Venedig; ein Besuch der Pellestrina - einem Küstenstreifen zwischen Meer und Lagune mit seinem Vogelparadies; oder eine Velotour in die Valli di Chioggia. Ich entscheide mich für Letzteres und wähle eine ca. 40 km lange Route, die von der Brenta-Mündung über die Isolaverde zur Mündung des Etsch und den Bosco Nordio ins Hinterland und einem Kanal zwischen Brenta und Etsch entlang wieder zurück führt. Die Wahl ist mittelmässig. Zwar gibt es am Weg viel Schönes zu sehen, aber die Velowege führen zu viel an befahrenen Strassen entlang. Im Rückblick hätte ich besser den Besuch der Pellestrina gewählt - oder zumindest noch einen Tag angehängt, um diesen nachzuholen. Dem Beschrieb in den Reiseführern nach hätte es da viel Spezielles zu entdecken gegeben. Das Gedränge in Venedig reizte mich nicht mehr, obschon natürlich auch Venedig für mehr als einen Tag Interessantes zu bieten hat. Nach der Rückkehr nach Sottomarina tröste ich mich in einer Strandbar bei strahlender Sonne mit einem Bier. Der Strand ist noch fast leer und wartet auf Gäste.
Donnerstag, 10.5.: Es zieht mich ins Po-Delta. Das in meiner Reiseplanung einen weiteren Höhepunkt darstellt. Der Naturpark Podelta mit seinen 58’000 Hektar naturbelassenem Ökosystem reizt mich schliesslich schon lange. Leider ist campieren dort verboten. Also gilt es, einen möglichst nahen Campingplatz zu finden, von wo aus der Park mit dem Fahrrad gut erreichbar ist. Der nächstgelegene Camping liegt in Porto Tolle. Also nichts wie hin. Pech, der Campingplatz öffnet erst in einer Woche und Porto Tolle selber ist absolut uninteressant. Einzig der grosse Ali-Supermarkt lädt ein, sich neu mit Proviant einzudecken. Weiter geht es also zum Holiday Park “Spiaggia e Mare” nach Porto Garibaldi. Von wo aus gemäss Prospekt “sie den Park problemlos zu Fuss oder mit dem Fahrrad erreichen”. Glücklicherweise schnuppere ich wenigstens von einem Parkplatz aus ein bisschen am Naturpark. Denn am nächsten Tag sollte ich feststellen, dass “Spiaggia e Mare” rund 30 km davon weg liegt, die Fahrradwege hin zum Park nicht wirklich zum Velofahren einladen, erst noch schlecht beschildert sind und auch keine Karte davon existiert. So wird dieser kurze Eindruck alles bleiben, was ich vom Ökopark Podelta am Schluss nach Hause nehme. Vorerst aber geht es weiter und weiter nach Porto Garibaldi. Schon das Gefühl sagt mir, dass die Distanz gar gross geworden ist. Wenigstens entschädigt der Campingplatz vieles. Er ist einer der schönsten, die ich bisher gesehen habe. Mit eigenem Strand und Strandcafé, grossem Pool und Restaurant am Pool. Alles unter Bäumen und durch Hecken unterteilt. Ich finde zentral einen schönen Platz und werde vom italienischen Nachbarn gleich mit einem Glas Weisswein begrüsst. Nach diesem Apero und dem Einrichten schwimme ich eine Runde im Pool und gehe zum Nachtessen ins Restaurant, dessen Karte sich einladend liest. Die Vorspeise (Platte von geräuchertem Meerfisch) ist hervorragend, das folgende Mistkratzerli eine Katastrophe. Total ausgetrocknet und auch mit gutem Willen nicht zu essen. Den Hauptgang muss ich nicht zahlen und als Entschädigung erhalte ich einen Macchiato und eine feine Crema Catalana. Mit einem nächtlichen Spaziergang am Strand runde ich diesen ambivalenten Tag doch noch glücklich ab.
Freitag, 11.5.: An der Rezeption stelle ich all die Dinge fest, die ich schon erwähnt habe. Die Schwierigkeiten, zum Naturpark zu kommen plus das heisse Wetter (über 30 Grad) bewegen mich, vorerst zu retablieren (Wäsche waschen und Entsorgen) und anschliessend nach Ravenna weiter zu fahren. Das Problem des Wäsche trocknens löse ich mit einer Wäscheleine, die ich kreuz und quer durch den Camper installiere. Ich bin mir sicher, in dieser Hitze trocknet alles schnell. Auch die Bettwäsche. In Ravenna habe ich wieder Schwierigkeiten, zentral einen Parkplatz zu finden. Vorerst stelle ich den Camper auf einen befristeten Bus-Parkplatz und gehe im Polizeiposten fragen, wo ich den Camper stehen lassen kann. Ganz in der Nähe hat es einen privaten bewachten Parkplatz. Der Zugang erweist sich allerdings als sehr eng und nicht für Camper gedacht. Mit Glück schaffe ich es ohne Kratzer, auf den Hof zu kommen. Der Wärter sagt mir gleich, dass ich 2 Plätze bezahlen muss - hat dann aber Erbarmen mit mir und macht mir einen pauschalen Sonderpreis. Er hat meine improvisierte Wäscheleine gesehen und muss sich das Lachen auf den Stockzähnen verdrücken. Zuerst gehe ich durch die Fussgängerzone zur Piazza del Popolo und Piazza Garibaldi, dann durch die Altstadt zur Basilica San Vitale mit ihren prachtvollen Mosaiken. Und zum Mausoleum der Regentin Galla Placidia. Alles aus der byzantinischen Zeit (6. Jh.). Zum Schluss wandere ich noch zum Grabmal von Theodorich dem Grossen aus dem 5. Jh.. Ravenna war ja der Sitz der Ostgoten-Könige in Italien und Zentrum des oströmischen Reiches. Die Geschichte der Goten erinnert mich an meine Pfadizeit: unser ganzer Pfadistamm trug Namen aus der Gotenzeit. An der alten Stadtmauer vorbei gehe ich zum Parkplatz zurück. Raus zu fahren wird mit dem Camper noch schwieriger als herein. Schliesslich muss ich durch die Einfahrt heraus, weil die Ausfahrt zu knapp ist. Ich mache mich auf den nur noch kurzen Weg nach Ferrara, wo direkt ausserhalb der Stadtmauern mit dem Camping Estense ein gemütlicher Platz auf mich wartet. Mit Fahrradweg direkt ins Stadtzentrum. Perfe kt. Auf dem Weg dahin schaue ich mir in Argenta noch die einschiffige Kirche “Pieve di San Giorgio” aus dem 6. Jh. an, die in der Zwischenzeit so viel ich weiss dem Erdbeben in dieser Region zum Opfer gefallen ist. Schade. Überhaupt: im Rückblick ist es ein komisches Gefühl, genau 1 Woche vorher in dieser Region gewesen zu sein, wo es dann ein so starkes Erdbeben geben sollte.
Samstag, 12.5.: Wieder einmal ein Fahrrad-Tag. In nur 5 Minuten bin ich an der Stadtmauer von Ferrara. Auch diese doch relativ grosse Stadt hat eine noch vollständig erhaltene Ringmauer. Auf der man übrigens rings herum wandern und Velo fahren kann. Manchmal fast wie in einer Allee, manchmal etwas enger. Bevor ich ins Stadtzentrum gehe, fahre ich ein grosses Stück auf dieser Mauer. Dann besuche ich als erstes die Certosa, eine Friedhofs-Anlage, die nahezu 20% der Stadtfläche ausmacht. Und wo die alteingesessenen Ferrarer Familiengräber haben, die die Grösse eines Feldes einnehmen. Und es auch einen eigenen hebräischen Teil gibt. Eindrücklich. Danach fahre ich durch einen Park ins Stadtzentrum, wo sich rund um den Dom ein mittelalterlicher Stadtteil mit romantischen Gassen erhalten hat. Sonst aber ist Ferrara mit der grosszügigen Anlage seiner Strassen und Plätze ein gelungenes Beispiel für die Stadtplanung der Renaissance. Auf dem Weg zum Dom gibts wieder mal den üblichen Macchiato mit einem Glas Wasser. Direkt gegenüber dem schönen Café liegt die Piazza Ariostea, wo in 14 Tagen der Palio di San Giorgio stattfinden wird. Die Tribünen zu diesem Volksfest sowie Pferde- und Eselsrennen, wo die 8 S tadtbezirke um Ehre und Ruhm kämpfen, sind schon aufgebaut. An der Piazza Cathedrale stelle ich mein Fahrrad ab und gehe zu Fuss weiter. Der Dom, das Castello und die Altstadt lohnen dies. In der Altstadt schliesst gerade der Markt. Was mich daran erinnert, noch fürs Wochenende einzukaufen. Und etwas zu essen. Schliesslich ist es bald 2 Uhr. Zurück beim Fahrrad sehe ich, dass ich direkt vor einem Clarks-Schuhladen parkiert habe. Und ich suche doch seit langem einen braunen leichten Schlüpfschuh. Nichts wie rein. Das, was ich mir vorgestellt habe, finde ich natürlich nicht. Dafür aber einen braunen Schnürschuh, der mir speziell erscheint und gut gefällt. Ich kaufe ihn als Erinnerung an diese Reise. Zurück zum Campingplatz benutze ich den Radweg auf dem Campus ausserhalb der Ringmauern, wo ich noch an einem wunderschönen Mohnfeld vorbei fahre.
Sonntag, 13.5.: In der Nacht hat es heftig geregnet und gestürmt (ich musste aufstehen und das Panorama-Fenster über dem Fahrersitz schliessen). Entsprechend ist draussen alles nass. Und man bringt Dreck rein. Retablieren: heisst putzen und entsorgen - dann Weiterfahrt über Este (der Weg zum Castello dei Carraresi ist schlecht beschildert und es regnet immer noch, sodass ich kurzerhand die Fahrt fortsetze) und Montagnana (wieder einmal eine “Città murata”, vollständig von Mauern umgebene mittelalterliche Kleinstadt - allerdings mit Zinnen und Türmen perfekt erhalten) nach Soave. In der Zwischenzeit hat der Regen aufgehört und die Sonne br icht durch. So macht es mehr Spass, den Weg vom alten Stadttor auf den Hügel zum Castello Scaligero unter die Füsse zu nehmen. L eider ist das Castello für eine Besichtigung geschlossen, aber der Rundblick in die Umgebung mit all den Weinbergen entschädigt dies. Wieder einmal plagt mich der Hunger - es ist halb 2 geworden. Schon im Aufstieg habe ich nach geeigneten Restaurants Ausschau gehalten, aber keines hat mich überzeugt. Beim Abstieg höre ich aus einer Nebengasse Lärm, der auf viel Leute schliessen lässt. Ich gehe den Wortfetzen nach und finde eine mit Italienern übervolle Beiz mit Cuccina typica della regione. Kein Ausländer weit und breit. Das passt. Ich schlemme mich durch das ganze Muttertags-Menü durch. Natürlich dürfen auch der Bianco Soave und ein Valpolicella Ripasso nicht fehlen. Mit vollem Wanst und angeheiterter Stimmung fahre ich am Nachmittag weiter über Verona nach Lugana del Garda. Gelegen am Fahrradweg zwischen Sirmione und Peschiera. Im Camping Tiglio finde ich einen Stellplatz direkt hinter dem Schilfgürtel vom Gardasee.
Montag, 14.5.: Am Morgen wird das Rad ausgeladen. Dann pedale ich gemütlich nach Sirmione. Über die schmale Landzunge, wo links und rechts v on der Strasse Häuser mit direktem Strandzugang liegen, geht es an Marktständen vorbei zum Stadttor des antiken Städtchens. Dort muss ich das Fahrrad stehen lassen, denn in den engen Gassen darf man sich nur zu Fuss bewegen. Gleich hinter dem Tor befindet sich am Anfang der romantischen Altstadt die Wasserburg. Ich schlendere bis an die Landspitze zu den Grotten des Catull. Und zurück zum Hauptplatz, wo ich in einem Café an der Sonne meinen üblichen Macchiato trinke. Zum Zmittag fahre ich zurück zum Camper und am späteren Nachmittag gehts dann nach Peschiera del Garda. Nach Sirmione eher etwas enttäuschend. Zwar mondäner und moderner, aber dadurch auch von den Touristen “verdorbener”. Auch hier gibt es einen alten Ortskern, umschlossen von einer 2 km langen, fünfeckigen Festungsanlage, und eine schöne Promenade am Mincio-Fluss. Aber über allem hängt ein Duft von abgestandenem Fritten-Öl. Und an allen Ecken stehen fahrbare Stände, wo man sich schnell verpflegen oder billige Andenken kaufen kann. Aber den Alten, denen geht es gut. Das Altersheim befindet sich zentral gelegen in einem prächtigen alten Herrschaftshaus direkt am Mincio. Beim Eindunkeln radle ich nach Lugana zurück.
Dienstag, 15.5.: Ich weiss nicht recht, an welchem Ufer des Gardasees ich weiter fahren soll. Je nach Reiseführer wird das eine oder andere vorgeschlagen. Ich entscheide mich für das Westufer. Weit entfernt kommen da Erinnerungen auf. War ich nicht mit knapp 7 Jahren mit meinen Grosseltern hier in Fasano 3 Wochen in den Ferien? Irgendwie kommt mir die Gegend vage bekannt und doch fremd vor. So vieles hat sich seit da verändert. Ich fahre durch bis an den Nordzipfel des Sees nach Riva del Garda. Das Wetter ist immer noch schön, aber in der Zwischenzeit ist ein kühler Wind aufgekommen. Am Busbahnhof finde ich einen Parkplatz, am See eine Bar mit wenigstens etwas Schutz gegen den Wind. Macchiato und Cigarillo - was denn sonst? Anschliessend fahre ich über die Südtiroler Weinstrasse nach Kaltern am See. Zur Gretl - so heisst der dortige Campingplatz mit eigenem Seebad und Restaurant. Nach dem Nachtessen und Abwasch mache ich noch einen kleinen Spaziergang am See.
Mittwoch, 16.5.: An der Rezeption habe ich einen Plan von Kaltern und dem Kalterer See erhalten. Daraus ersehe ich, dass es rund um den See einen ca. 10 km langen Radweg und am Ostzipfel des Sees ein Biotop im Schilf gibt. Relativ früh am Morgen mache ich mich zu deren Erkundung auf. Der Weg geht durch Rebberge, Moor und Wälder und ein kleines Stück dem See entlang. Das Biotop ist begehbar und nicht nur der Pflanzen, sondern auch der Vögel wegen spannend. Zurück beim Camper mache ich diesen schnell fahrbereit, denn last checkout ist um 13 Uhr. Eigentlich wollte ich zwar erst am nächsten Tag losfahren und dann Bozen und Meran besuchen. An Bozen habe ich ausser dem grossen Markt keine besondere Erinnerung, deshalb entscheide ich mich kurzfristig, Bozen vom Programm zu streichen und direkt Meran anzusteuern. Ich kurve eine ganze Stunde durch Meran, um einen geeigneten Parkplatz zu finden. Was ich dabei erhasche, scheint mir wirklich sehenswert - nur leider ist kein passender Parkplatz verfügbar. Ich ziehe immer grössere Kreise und lande schliesslich in einer nicht bezeichneten Sackgasse. Die gewählte Strasse verengt sich zu einem Weg und ich komme nicht mehr weiter. Was heisst: einen Kilometer auf einer engen kurvigen Strasse rückwärts fahren!! Zwei Mal kommt dabei noch ein Auto und wir müssen irgendwie kreuzen. Nach einem Kilometer ist linkerhand eine Parkeinfahrt mit 2 Steinpfosten. Rückwärts rein- und vorwärts rauszirkeln. Der Schweiss läuft in Strömen. Nachdem alles glücklich geschafft ist, verlässt mich der Mumm. Und ich entscheide mich, direkt den Weg ins Vinschgau unter die Räder zu nehmen. In Naturns finde ich als Trost einen Campingplatz mit Hallenbad, Whirlpool und Sauna. Letztere kommt besonders gelegen, denn der Wind hat noch mehr aufgefrischt und wird kühler und kühler.
Donnerstag, 17.5.: Der Morgen bringt zwei Überraschungen: die positive die Duschen, die negative dass mir die Rezeption klar macht, dass wegen Auffahrt alle Plätze reserviert sind und ich daher nicht noch einen weiteren Tag bleiben kann. Die Duschen sind Luxus pur. Für jeden ein eigener kleiner geheizter Raum mit Lavabo und eine Duschkabine. Toll. Habe ich noch auf keinem Campingplatz angetroffen. Das mit dem Weggehen durchkreuzt meine Pläne: gerne hätte ich noch einen Teil des Radweges an der Etsch abgefahren. Gemäss Wetterbericht ist das nämlich für das ganze Wochenende der letzte schöne Tag. So muss ich losfahren und hoffe einfach, weiter oben im Tal noch einen Campingplatz zu finden, von wo aus ich mit dem Rad los kann. Aber das Pech hält an. Nur noch 1 Campingplatz hat Plätze frei und der liegt nicht am Radweg. Also geht es auf den Weg nach Hause. Über den Ofenpass nach Zernez, wo ich in der Sonne Spaghetti esse. Dann über den Flüela (der am Morgen noch wegen Schnee geschlossen war) an den Wolfgangsee in Davos, wo es - auch an der Sonne - noch den dazu gehörigen Espresso gibt. Am späteren Abend trudle ich gemütlich in Eich ein. Etwas früher als eigentlich vorgesehen, aber rundum zufrieden mit all meinen Erlebnissen.
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